Vorherrschendes „Everybody’s Darling“-Syndrom?

  • August 30, 2020
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Ein Artikel aus: consulting.de

Auch in 2020 sind Frauen in den europäischen Führungsetagen besonders in Unternehmensberatungen stark unterrepräsentiert. Was sich hinsichtlich der Frauenfrage noch alles bewegen muss, dazu äußert sich Dr. Consuela Utsch, Geschäftsführerin der Acuroc Solutions GmbH.

Auch wenn sich in den letzten Jahrzehnten schon viel in Sachen Gleichberechtigung getan hat, die Herrschaft der sogenannten Silberrücken dauert vor allem in der Consultingbranche weiterhin an. Nicht nur in den absoluten Spitzenpositionen sind weibliche Kräfte echte Mangelware, auch auf europäischer Managementebene stellen Frauen weniger als ein Drittel aller Führungspositionen.

Ferner herrscht ebenso in den viel gelobten skandinavischen Ländern längst noch keine Parität: Lettland kann mit 44,1 Prozent weiblicher Kräfte in mittleren und höheren Führungspositionen aufwarten, in Schweden sind es um die 40 Prozent. Die Bundesrepublik bewegt sich im Vergleich dazu eher im unteren Mittelfeld – 28 Prozent der Führungspositionen bekleiden weibliche Mitarbeiter.[1] Je dünner die Luft nach oben hin wird, also je höher die Führungsposition und je größer das Unternehmen, desto weniger Frauen sind anzutreffen.

Gründe hierfür gibt es viele – allem voran gesellschaftliche Faktoren. In diesem Zusammenhang spielt auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine wichtige Rolle. Doch diese Hürde zeigt sich nicht allein als ausschlaggebend. Denn obwohl etwa in den USA 12 Prozent mehr Frauen in Führungsetagen sitzen als in Deutschland, sind die Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit dort schlechter. Daher lässt sich die Doppelbelastung von Familie und Beruf nur als einer von vielen Faktoren für die weltweit niedrigen Quoten bezeichnen.

Nein sagen lernen

Besonders im internationalen Vergleich kristallisieren sich die gesellschaftlichen Rollenbilder, sozialen Normen und die Unternehmenskultur als Hemmnisse für eine stärkere Durchmischung heraus. Traditionelle Rollenbilder sorgen dafür, dass Frauen häufig nur durch Zufall in Chefpositionen gelangen. Denn dort, wo es keine klar definierten Ausbildungsstandards gibt, haben Stereotype und vermeintliche Normen eine größere Chance, sich durchzusetzen. Führungskräften werden unwillkürlich bestimmte Eigenschaften zugeschrieben, die eher als männlich gelten.

In diesem Zusammenhang sprechen Experten auch gerne vom “think manager – think male”-Phänomen. Automatisch erwarten große Teile der Gesellschaft einen erfahrenen Mann auf einer Chefposition. Zudem zeigt sich, dass Frauen eher die Rolle des fleißigen Bienchens im Hintergrund spielen. Immer wieder gibt es Mitarbeiterinnen, bei denen das “Everybody’s Darling”-Syndrom festzustellen ist: Hier noch eine Schleife drehen, hier noch die Essensbestellung am Abend für das 20-köpfige Team übernehmen und da noch ein offenes Ohr für die gescheiterte Ehe des Kollegen haben. Frauen sollten deshalb lernen, Nein zu sagen. Denn nur so verschaffen sie sich den nötigen Respekt.

Gleichzeitig stellt es für sie eine Herausforderung dar, viel unterwegs zu sein, sich ständig auf neue Kunden, Probleme und Situationen einzustellen und oft der “ungeliebte Externe” zu sein, der unangenehme Dinge zur Sprache bringt oder bringen sollte. Doch eine erfolgreiche Beraterin muss auch mal Position beziehen. Oft herrscht zu viel Scheu, klar zu sagen, was nicht geht und sich damit unbeliebt zu machen.

Männer haben weniger Probleme damit, nicht “everybodys darling” zu sein. Bezüglich der Reisebereitschaft birgt das “new normal” – ausgelöst durch die Coronakrise – hier jedoch auch eine echte Chance, denn in der Zukunft werden wir weniger reisen, was die Vereinbarkeit von Familie und Beruf maßgeblich fördert. Vor allem dieser Faktor gilt nach wie vor als ausschlaggebend, denn dadurch, dass viele Frauen die Consultingbranche aus den oben genannten Gründen meiden, können sie sich als Managerin in diesem Bereich auch meist nur sehr schwer durchsetzen. Der Teufelskreis lässt sich also nur durch die Aushebelung klassischer Stereotypen durchbrechen. “New Normal” bietet auch deshalb eine große Chance für Frauen, da die neue Arbeitsweise insbesondere Kommunikations- und Integrationskompetenz fordert, um erfolgreich, virtuelle Teams zu führen und dies liegt Frauen nachweislich deutlich mehr als Männern.

Gleichgewicht zwischen den Geschlechtern

Positiv zu bewerten ist die gestiegene Gründungsbereitschaft bei Frauen: 40 Prozent der Gründer waren 2019 weiblich.[2] Dies spricht klar dafür, dass Frauen nicht die Verantwortung scheuen – ein gegen weibliche Mitarbeiter oft erhobener Vorwurf – sondern, dass, das System an sich den Aufstieg erschwert oder sogar torpediert. Fatal, denn jüngste Ergebnisse zeigen, dass Konzerne, die weibliche Fachkräfte in der Managementebene beschäftigen, erfolgreicher sind als die männlich dominierte Konkurrenz.[3] Zwei Drittel der Unternehmen, die auf eine Geschlechterdurchmischung in der Firmenleitung setzen, konnten ihre Gewinne deutlich steigern.

Auch in den Bereichen Kreativität und Innovation verbesserte sich jedes zweite Unternehmen bei gleichzeitigem Anstieg des Frauenanteils. Daher plädiere ich bei dem Thema für eine Verschiebung von einer reinen Personalfrage hin zu einem echten Unternehmensziel. Jenseits der Tatsache, dass es wichtig ist, Frauen trotz Kindern eine Karriere zu ermöglichen, ziehen gerade Unternehmensberatungen daraus einen Nutzen, unter ihren Mitarbeitern eine möglichst große Vielfalt zu haben.

Gerade im “People Business” profitieren Teams von “typisch weiblichen” Eigenschaften wie Feingefühl in der Kommunikation und sozialen Kompetenzen. Frauen besitzen eine andere Sprache, agieren diplomatischer, formulieren nicht so hart und können Männerrunden auflockern. Sie berücksichtigen auch viel eher als ihre männlichen Kollegen unterschiedliche Aspekte, Randthemen und zwischenmenschliche Auswirkungen bei der Beratung, Problemlösung und den Auswirkungen.

Unternehmen sollten das Gleichgewicht zwischen den Geschlechtern also zu einem Ziel für die gesamte Organisation erheben und in der Kultur verankern. Die Digitalisierung und das New Normal erfordern dabei umso mehr erhöhte Kompetenzen in Kommunikation, Integration und Kollaboration, um erfolgreich in der VUCA Welt bestehen zu können. Denn wenn Unternehmen jetzt nicht reagieren, bleibt es, wie es immer war und damit werden wesentliche Chancen verspielt.

Literatur:

[1] https://www.kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-Volkswirtschaft-Kompakt/One-Pager-2019/VK-Nr.-173-Februar-2019-Unternehmerinnen-weltweit.pdf.

[2] https://www.kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-Volkswirtschaft-Kompakt/One-Pager-2020/VK-Nr.-189-Januar-2020-Chefinnen.pdf.

[3] https://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/—dgreports/—dcomm/—publ/documents/publication/wcms_700953.pdf

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