Ein Artikel aus elektronikpraxis.vogel.de | Redakteur: Dipl.-Ing. (FH) Thomas Kuther
Kommentar und Gedanken von Dr. Consuela Utsch, Geschäftsführerin und Expertin Digitalisierung & Human Resource Management beim Beratungsunternehmen Acuroc Solutions in Idstein.
Dr. Consuela Utsch: „Ja, es ist schrecklich, dass Menschen am Virus gestorben sind, aber haben wir nicht auf der anderen Seite einen enormen Schub nach vorne bekommen?“
Inzwischen lese ich die gängigen Zeitschriften sehr selektiv, denn ich will mich vom „wir machen alles schlecht“-Virus, der aktuell die Runde macht, einfach nicht anstecken lassen!
Ja, es ist schrecklich, dass Menschen am Virus gestorben sind, aber haben wir nicht auf der anderen Seite einen enormen Schub nach vorne bekommen? Sollten wir nicht jetzt, wo das Schlimmste überstanden zu sein scheint, den Blick mutig nach vorne richten und die positiven Erfahrungen konservieren, ja besser noch weiterentwickeln?
Wir können eigenständig und selbstbestimmt arbeiten
Wieso den alten Zustand wiederherstellen und alle zurück in die Büros zurückbeordern und den historischen Status vor der Pandemie wiederherstellen? Ich denke, wir haben gezeigt, wir können eigenständig und selbstbestimmt arbeiten, in virtuellen Teams erfolgreich sein und auch ohne den täglichen Treff an der Kaffeemaschine neue Ideen entwickeln. Wir haben unsere sozialen Kontakte teilweise intensiviert, ausgebaut und sind alle fit in der Nutzung der sog. Neuen Medien! Was wir wirklich vermissen ist „physikalische Nähe“, und hierfür sollten wir gerade in der Arbeitswelt nach der Pandemie ausreichend Raum schaffen.
Die Frage, die wir uns stellen sollten, ist doch „wie wollen wir Kollaboration in den nächsten Jahren gestalten und leben? Sollten wir nicht da, wo die Aufgabenstellung es erlaubt, Sachbearbeitung, Konzeptionen, etc. im Home-Office durchführen lassen und Büros zu Orten für Begegnung, Austausch und physischer Nähe umgestalten? Was spricht dagegen, wenn wir vereinbaren, dass diejenigen, die ins Büro kommen möchten, dies gerne tun können, die anderen ebenso gerne im Home-Office arbeiten können? Warum sollten wir dies wieder starr regulieren?
Individuelle Arbeitsgestaltung selbst wählen
Wir alle haben gezeigt, wir sind eigenständig und verantwortungsbewusst genug, uns unserer individuelle Arbeitsgestaltung selbst zu wählen. Klar, mancher mag denken, wo bleibt die Kontrolle? Woher weiß ich, ob der Mitarbeiter am Arbeitsplatz auch die vereinbarte Zeit arbeitet oder zu viele Pausen macht? Solche Kleingeister gibt es immer, aber das sind nicht die Manager, die mit begeisterten Augen nach Silicon Valley sehen und versuchen diesen Spirit mit Beratungsunterstützung in ihre Unternehmen zu tragen, das ist nicht New Work, ja nicht einmal Führen auf Augenhöhe.
Ich plädiere klar dafür, dass wir keinen Rückfall in die Arbeitsweise vor der Pandemie zulassen, sondern mutig in New Work bzw. Smart Work aufbrechen, denn unser aller Nutzen ist enorm.
Ich vertrete stark, dass wir als Unternehmer selbstverständlich unserer Sorgfaltspflicht genügen und gegebenenfalls investieren müssen, denn wir benötigen für Smart Work Home-Office-Arbeitsplätze, die Spaß machen, ergonomisch sind und dem Mitarbeiter den gleichen Arbeitsschutz und Unfallschutz zuhause wie im Büro gewährleisten, doch dies ist mit einem überschaubaren, einmaligen finanziellen Aufwand sehr gut umsetzbar, ja kann sogar zertifiziert werden. Solche Home-Office-Arbeitsplätze gewähren Mitarbeiter und Unternehmen den gleichen Versicherungsschutz wie herkömmliche Büroarbeitsplätze.
Zahlreiche Vorteile
Dem gegenüber stehen für alle Beteiligen – Mitarbeiter und Unternehmen – zahlreiche Vorteile, von denen ich nur einige aufführen möchte:
- Flexible Zusammenarbeit über Unternehmensgrenzen mit den Spezialisten, an den Stellen, wo sie benötigt werden, ist lokationsunabhängig möglich. Die moderne Art des Miteinanders zieht junge Mitarbeiter in Zeiten von Nachwuchskräftemangel an. Ebenso die Möglichkeit, ihre Lebensmittelpunkte, -realitäten und -konzepte frei zu wählen. Warum sollte ich nicht auf dem Land leben, wo es bezahlbar ist, wenn ich nicht mehr täglich zum Arbeitsplatz in der Großstadt pendeln muss?
- Die Verweildauern von Mitarbeitern im Unternehmen steigen, wenn Mitarbeiter ihren Lebensmittelpunkt behalten und dennoch Aufstiegsmöglichkeiten und Managementpositionen wahrnehmen können. Das sollten wir nutzen.
- Nachweislich steigt die Motivation der Mitarbeiter durch Vertrauen und „Fürsorge“ des Unternehmens. Studien zeigen, dass die Effekte u.a. Reduzierung von Absentismus, weniger Krankentage und deutlich weniger Kind-Krank-Tage sind. Mit einem ergonomischen Home-Office-Arbeitsplatz können wir hier viel bewirken. Weiter zeigen Studien, dass Smart Work neben der Reduktion der Fahrzeiten und damit der Nachhaltigkeit insbesondere stressminimierend auf die Mitarbeiter und positiv auf deren Gesundheit wirkt.
- Vielfältige Berechnungen u.a. vom Fraunhofer Institut belegen deutlich, dass das Einsparpotenzial für die Unternehmen erheblich ist.
- Dies ergibt sich u. a. durch die Reduzierung der Bürofläche und Shared-Desk-Konzepte (Mobiliar), die Betriebskostenverringerung bzgl. Heizung, Strom, Reinigung, Kantine, Fuhrpark- und Treibstoffkosten, etc.
- Aber auch dadurch, dass Mitarbeiter nicht mehr in Ballungsräumen, sondern in anderen Regionen mit anderen Kostenstrukturen leben und dennoch ihre Expertise in unseren Unternehmen einbringen können.
- Auch die positiven Effekte für die Umwelt z. B. durch Reduktion der Emissionen von CO2, die Entlastung der Infrastruktur und Einsparung von Rohstoffen sind zu betrachten und eindeutig positiv zu bewerten.
Lassen Sie uns die Chance nutzen und kraftvoll Smart Work zum Standard für Kollaboration entwickeln!